Was für eine Freude, dass "Happy Birthday Händel" in diesem Jahr wieder stattfand. Was für ein Jammer, dass in der Händelhalle so viele Plätze frei geblieben waren. Nach langen Monaten ganz ohne Livemusik hätte ich doch erwartet, dass ein ausgehungertes Publikum Ihnen die Karten aus der Hand reißt. Verdient hätten Sie es allemal, denn "Happy Birthday Händel" ist jedes Jahr einer der kulturellen Höhepunkte in unserer Stadt. Vielen Dank, dass Sie dieses Konzert wieder möglich gemacht haben!
Im Folgenden habe ich ein paar meiner Eindrücke niedergeschrieben.
Was für ein Abend!
Zunächst einmal: Proinnsias O'Duinn, der traditionell den Messiah zu diesem Anlass dirigiert, war dieses Jahr verhindert. Wir hoffen, dass es dafür keinen schlimmen Grund gibt und wünschen ihm alles Gute. "Happy Birthday Händel" hat diesem sympathischen und engagierten Menschen viel zu verdanken und damit auch ganz Halle und die gesamte Musikwelt. Sein durchgehend leichtes, stets zügiges und immer gefälliges Dirigat prägt die Aufführungen in der Händelhalle seit zwei Jahrzehnten.
Mit Fabian Enders wurde diesmal mehr als ein würdiger Vertreter gefunden. Schon nach den ersten Takten der Sinfonia am Beginn des Oratoriums wird klar: Sein Ansatz ist ein gänzlich anderer. Er lässt sich Zeit, gestaltet jeden einzelnen Ton, lässt ihn wirken. Er kann auch schnell, er kann auch prachtvoll auftrumpfend - aber er schreckt ebensowenig vor langsamen Tempi, leisen Passagen und langen Pausen zurück. Das Ergebnis ist ein ausnehmend lebendiger, spannungsreicher, kraftvoller und bewegender "Messiah", wie ich ihn in Halle lange nicht mehr gehört habe.
Enders führt die Händel-erfahrene Staatskapelle Halle, Anne Maria Wierod (Sopran), Marie Bieber (Alt), Andrew Gavin (Tenor) und Philipp Kaven (Bass) als Solisten sowie den Messias-Chor, dessen Mitglieder aus verschiedensten Chören stammen und in nur zwei gemeinsamen Proben ein erstaunlich hohes, professionelles Niveau erreicht haben. Besonders beeindruckt Gaven mit mühelos starker und strahlender Stimme, aber auch Kavens ausdrucksstarker Gesang verdient besondere Erwähnung.
Nur ein paar Beispiele für das grandiose Dirigat: Die Drohung, Himmel und Erde durchzurütteln ("Thus saith the Lord") kommt hart, schnell und treffsicher. Das Schmelzerfeuer in "But Who May Abide" züngelt und lodert unüberhörbar. Als der Bass ankündigt, uns ein Geheimnis zu sagen ("Behold, I Tell You"), da will man sich nach vorn lehnen und das Ohr hinhalten, so geheimnisvoll spannend raunen Orchester und Solist. Sein folgendes Duett mit einer Trompete ("The Trumpet Shall Sound") strotzt dann wieder vor Kraft und Pracht.
Hab ich das "Hallelujah" schon einmal so großartig gehört? Hier kristallisiert sich an einem Satz heraus, was Enders' Dirigat zu einem solchen Erfolg macht: Natürlich kann er den riesigen Chor prachtvoll schmettern und glänzen lassen - aber diesen einen bedrückten Halbsatz "The kingdom of this world has become..." gestaltet er als einen langen, leidschweren Seufzer. Umso stärker wirkt das erhaben jubelnde "...the kingdom of our Lord and of His Christ" gleich danach. So! Genau so! So und nicht anders!
Ich bin begeistert und hoffe, Herrn Enders noch oft in Halle zu hören.
Marc Weihrauch